Kaum ein Antiquitätenexperte hatte das gute Stück auf seiner Prioritätenliste. Das französische Kabinettschränkchen im japanischen Stil aus dem Jahr 1864 war mehr als zwei Meter hoch und schien nur ein Objekt für Liebhaber zu sein. Einer dieser Liebhaber war dann aber bereit, sage und schreibe 750.000 Euro für dieses Schränkchen zu zahlen, das damit im Jahr 2006 zum bis dahin teuersten jemals in Deutschland versteigerten Möbelstück avancierte. Fast schon ein »Schnäppchen« im Vergleich mit dem »Badminton Cabinet« aus feinem Ebenholz mit vergoldeter Bronze und filigranen Einlegearbeiten, das sich Fürst Hans Adam II. von Liechtenstein im Jahr 2004 gegönnt hatte. Er zahlte für diesen aus dem 18. Jahrhundert stammenden Barockschrank nicht weniger als 24,6 Millionen Euro. Das »Badminton Cabinet« war einst für einen englischen Herzog angefertigt worden.
Doch nicht nur mit antiken Möbelstücken erzielt man bisweilen beachtliche Wertsteigerungen. Hauptsache, es handelt sich um Originale aus der Entstehungszeit – also keine Nachahmungen. Der bekannte dänische Architekt und Designer Arne Jacobsen hinterließ der Nachwelt nicht nur Bauwerke wie die dänische Nationalbank in Kopenhagen, das Christianeum in Hamburg oder das Rathaus in Mainz, sondern auch begehrte Designer-Stücke. Dazu gehört der eiförmige Loungesessel Egg-Chair, den Jacobsen ursprünglich für das ebenfalls nach seinen Plänen gebaute Kopenhagener SAS-Hotel entwarf. Fünfzig Jahre nachdem Arne Jacobsen seine ersten Egg-Chairs vorgestellt hatte, brachte im Jahr 2008 der Hersteller Fritz Hansen ein Jubiläumsmodell des Klassikers auf den Markt. Es war auf 999 Stück limitiert. Wer einen solchen Egg-Chair sein Eigen nennen wollte, musste immerhin 9.000 Euro zahlen. Aber die Investition lohnte sich, denn schon zwei Jahre später boten Designliebhaber für diesen Jubiläumssessel bis zu 12.000 Euro. Eine (steuerfreie) Rendite von über 30 Prozent in nur zwei Jahren – fürwahr kein schlechtes Resultat.
Gut erhaltene und originale Designstücke gelten mittlerweile als wahre Kunstwerke – und sind nur gegen entsprechende Preise zu haben. Aber: Nur Originale sind wahre Werte und somit auch als Kapitalanlage geeignet. Zu diesen Designklassikern gehören unter anderem der Panton-Stuhl aus dem Jahr 1960, aber auch das bekannte USM-Regalsystem von Fritz Haller.
Doch zurück zu den antiken Möbelstücken. Beliebt sind vor allem Weichholzmöbel – von Barock bis Jugendstil. Unter Weichholz sind die Hölzer von Nadelbäumen zu verstehen, also zum Beispiel Eibe, Lärche, Kiefer, Fichte und Tanne. Die Hölzer von Laubbäumen, etwa Eiche-, Nuss- oder Kirschbaum, gelten hingegen als Harthölzer. In den vergangenen Jahrhunderten wurden die meisten Weichholzmöbel aus Fichte, Kiefer und Tanne hergestellt. Darunter Biedermeier-Schränke, Barock-Tische, Louis-Philippe-Kommoden und Jugendstil-Buffetschränke. Um die zeitliche Einordnung zu erleichtern, hier die wichtigsten Stil-Epochen im Überblick.
Grundsätzlich sind antike Weichholzmöbel nach wie vor gefragt, während gleichzeitig das Angebot an qualitativ hochwertigen und originalen Stücken tendenziell zurückgeht. Insofern darf man in den kommenden Jahren und Jahrzehnten getrost von steigenden Preisen ausgehen. Besonders gefragt sind Möbelstücke aus dem späten 19. Jahrhundert.
Das Angebot an Weichholzmöbeln unterliegt zudem den wechselnden Moden und dem Zeitgeist. Vielen potenziellen Käufern ist das antike Weichholz einfach zu dunkel. Manche Antiquitätenhändler tragen die ursprünglich braune bis dunkelbraune Oberflächenlasur durch Lauge ab und bieten helle Weichholzmöbel an. Das entspricht zwar eher dem Zeitgeist, lässt Kunsthistorikern aber gleichsam die Haare zu Berge stehen. Wer seine Wohnung mit abgelaugten Weichholzmöbeln einrichten möchte, kann dies natürlich tun – chacun à son goût. Wer allerdings auf eine Wertsteigerung spekuliert, sollte es bei der Originalfarbe belassen.
Über den Preis von Weichholzmöbeln entscheidet darüber hinaus die Frage, ob von einem Stück nur noch wenige vorhanden sind, oder ob es sich um Massenware handelt, von der Tausende von Stücken auf den Markt gekommen sind. Wertvolle Weichholzmöbel zeichnen sich darüber hinaus durch einen stilreinen Charakter und aufwendige Handarbeit aus. Ein solches Highlight war zum Beispiel das vom Wiener Auktionshaus Dorotheum versteigerte klassizistische Bauernbett aus Oberösterreich aus dem Jahr 1851. Es handelt sich um ein Weichholzgestell mit originaler blauer Grundbemalung und floralen Mustern.
Nach wie vor hoch im Kurs stehen ferner Möbelstücke aus der Epoche des Biedermeier, also jener Zeit zwischen dem Ende der napoleonischen Herrschaft 1815 und 1848. Sie zeichnen sich durch schlichte Eleganz aus. Verwendet wurden hierfür in erster Linie helle Holzarten wie Birke, Kirsche, Birne, Pappel und Nussbaum. Mitunter wurden die Möbelstücke im Biedermeier aber auch aus edlem Mahagoni gefertigt. Die Biedermeier-Zeit war geprägt durch eine Vorliebe fürs Private und die Flucht in die Idylle. Der Salon, also das damalige Wohnzimmer, stellte den Mittelpunkt des bürgerlichen Lebens dar. Darin standen meist eine Sitzgruppe mit Sofa und Stühlen, aber auch Kommoden, Sekretäre und Nähtischchen. Beliebt waren ferner Sekretäre in allen denkbaren Varianten. Zu den bekanntesten Schöpfern von Biedermeier-Möbeln gehörte Michael Thonet (1796–1871), der in Boppard am Rhein mit der Fertigung von Möbel begann und später in Wien Weltruhm erlangte.
Beliebt sind vorrangig Stühle und Kommoden aus der Biedermeier-Zeit, die mit ihrer schlichten Eleganz bis heute gut in viele Wohnräume passen. Waren Biedermeier-Möbel in den 1960er- und 1970er-Jahren noch vergleichsweise preiswert, so wurden die Sammler und Liebhaber mittlerweile wählerischer. Sie suchten ausgefallene Einzelstücke von hoher Qualität, deren Preise naturgemäß deutlich anzogen. Ist das Möbel restaurierungsbedürftig, sinkt der Preis erheblich.
Wer auf eine Wertsteigerung spekuliert, sollte immer die Kriterien bedenken, die bei einem späteren Verkauf für den potenziellen Erwerber von Bedeutung sind. So muss das Möbel nicht nur gefallen, sondern auch von der Größe her in die heute üblichen Wohnräume passen. Grundsätzlich gilt: Je originaler der Erhaltungszustand, desto wertvoller das Möbelstück. Musste der Restaurator allzu sehr Hand anlegen, kann dies den Wert mindern. Vor dem Kauf empfiehlt es sich zu klären, ob Restaurierungsarbeiten notwendig sind und welche Kosten hierfür entstehen. Im Zweifelsfall sollte man das Honorar nicht scheuen und einen neutralen Sachverständigen um eine Expertise bitten. Ein solches Gutachten kann sich bei einem späteren Verkauf zudem als wertsteigernd erweisen.
Der Teufel steckt bekanntlich in den Details, und die erkennt meist nur der versierte Fachmann. Die Frage aber, ob es sich tatsächlich um antike Möbelstücke handelt oder nur um solche, die auf antik getrimmt wurden, kann der interessierte Laie meist selbst beantworten. Weist zum Beispiel das Möbelstück scharfe Kanten und Ecken auf, so deutet dies auf ein jüngeres Herstellungsdatum hin. Charakteristisch für antike Möbel sind nämlich Rücken und Kanten, die meist ungleichmäßig, weich und glatt sind. Glatte Sägeflächen lassen auf den Einsatz von Kreissägen schließen – und die gab es erst nach 1840. Die handgefertigten Schwalbenschwänze, also Zapfen, die der Zinkenverbindung dienen, sind unebener als die glatten, von Maschinen hergestellten Schwalbenschwänze. Sogar Holzwurmspuren sollten nicht unbedingt als verlässliche Indizien für das Alter des Möbels gewertet werden – denn auch diese werden mitunter nachträglich hineingebohrt.
Welche Möbelstücke kommen infrage?
Interessant sind neben den antiken Möbelstücken auch klassische Designermodelle, die zum Teil beachtliche Liebhaber-Preise erzielen können. Es muss sich aber um Originale aus der Entstehungszeit handeln.
Was ist unter antiken Möbeln zu verstehen?
Diese Möbelstücke sind mindestens 100 Jahre alt. Zu antikem Mobiliar gehören unter anderem Betten, Sitzmöbel, Lampen, Leuchten, Tische, Schreibmöbel, Sofas und Schränke. Eine stabile Nachfrage besteht nach Möbelstücken aus der Biedermeier-Zeit und nach Weichholzmöbeln.
Wo kaufen?
Im renommierten Fachhandel oder in Auktionshäusern mit fachmännischer Katalogbeschreibung.
Perspektiven
Originalstücke werden immer seltener, daher ist tendenziell mit steigenden Preisen zu rechnen. Allerdings können sich – wie generell auf dem Kunstmarkt – die Vorlieben der Käufer ändern. Insofern bleibt eine längerfristige Einschätzung der Preisentwicklung für bestimmte Stil-Epochen oder Möbelstücke schwierig.