Armagnac - der Underperformer unter den Bränden
Armagnac-Brennereien fehlen die großen, international bekannten Labels
Anbaugebiet und Produktionsverfahren
Doch wenden wir uns zunächst den »Fundamentaldaten« zu, sprich: dem Anbaugebiet und dem Produktionsverfahren. Am 25. Mai 1909 wurde per Dekret genau festgelegt, wo Armagnac produziert werden darf. Am 6. August 1936 erfolgte die offizielle Klassifizierung als Appellation d’Origine Contrôlée Armagnac, also als offizielles Erzeugungsgebiet. Die Region des Armagnacs ist recht unterschiedlich und umfasst die Bereiche Bas-Armagnac, Haut-Armagnac und Armagnac-Ténarèze. Insgesamt ist dort eine Fläche von 15 000 Hektar mit Reben bepflanzt, die sich auf die drei Départements Gers, Landes und Lot-et-Garonne aufteilt. Es herrscht ein vergleichsweise mildes und warmes Klima. Während im Westen des Armagnac-Gebietes die Feuchtigkeit des Atlantiks spürbar ist, macht sich im Osten mediterranes Klima bemerkbar. Die Frage, aus welchem dieser Gebiete der beste Armagnac kommt, wird von Experten unterschiedlich beantwortet. Die Mehrheit schätzt die Region Bas-Armagnac als bestes Anbaugebiet, eine Minderheit bevorzugt Ténarèze-Brände wegen ihrer besonderen Eleganz. Wir wollen in diesem Disput der Genießer nicht die Rolle des Schiedsrichters einnehmen, sondern die einzelnen Anbaugebiete etwas näher vorstellen.
Die Armagnac-Gebiete
Das Gebiet Haut-Armagnac wird geprägt vom Fluss Gers. An seinen Ufern liegen Mirande, Lectour und Auch, die Hauptstadt der Gascogne. Die Böden sind sehr kalkhaltig. Geschätzt werden in erster Linie die einfacheren Tischweine aus Haut-Armagnac. Nur ein verhältnismäßig geringer Anteil der dortigen Weine wird für die Armagnac-Produktion verwendet. In der Region Ténarèze liegt Condom, das Handelszentrum für den Armagnac. Der Boden ist teilweise kalkhaltig, teilweise aber auch lehmig. Der Weinbau spielt in diesem Gebiet traditionell eine wichtige Rolle. Kenner schätzen die von dort kommenden Armagnacs als besonders finessenreich und schwärmen vom unverwechselbaren Bukett, das manchen Genießer an Veilchen erinnert.
Wie gesagt, die überwiegende Zahl von Armagnac-Freunden schwört auf Brände aus dem Bas-Armagnac. Und das hat einen guten Grund: Der dortige Boden besteht aus vom Meer zurückgelassenen Ablagerungen, darunter eine Mischung aus Sand und Lehm. Im nordöstlichen Teil des Gebietes bildet reiner Lehm die unteren Bodenschichten. Brände aus dem Bas-Armagnac können Jahrzehnte im Fass lagern und immer besser werden.
So entsteht Armagnac
Das Brennverfahren unterscheidet sich von dem des Cognacs in einem wichtigen Punkt: In früheren Jahren wurde der Armagnac in zwei Brennblasen produziert, also nach einer Methode, die bei der Cognac-Destillation Anwendung findet. Heute jedoch wird Armagnac in der Regel im sogenannten »Kolonnenbrennverfahren« in nur einem Destillationsvorgang hergestellt. Das Verfahren gleicht einem ausgeklügelten Kreislauf. Zunächst gelangt der normal temperierte Wein in einen Behälter, in dem sich eine Kühlschlange befindet, in der später die Alkoholdämpfe kondensieren. In diesem Behälter wird also gleichzeitig der kühle, einströmende Wein erwärmt, während die Dämpfe aus der Brennblase abgekühlt werden.
Der vorgewärmte Wein gelangt anschließend über den Zulauf in den Brennapparat, in dem Temperaturen bis zu 90 Grad Celsius herrschen. Nach dem Brennvorgang steigen die Alkoholdämpfe in das Geistrohr am oberen Ende der Brennblase und von dort in die bereits erwähnte Kühlschlange. Das Destillat hat einen Alkoholgehalt zwischen 52 und 63 Prozent. Doch keine Regel ohne Ausnahme: Seit dem Jahr 1972 ist den Armagnac-Brennern auch die zweifache Destillation nach dem »Alambic-Verfahren« gestattet.
Absolute Spitzenbrände ruhen mindestens 15 bis 20 Jahre
»Vermählung« mehrerer Destillate unterschiedlicher Jahrgänge zu einem großen Armagnac
Am Ende schließlich steht die »Vermählung«: Mehrere Destillate unterschiedlicher Jahrgänge werden zu einem großen Armagnac vereint. Maßgeblich für die Altersangabe ist das Alter des jüngsten Destillats. Tauchen auf dem Etikett zum Beispiel drei Sterne auf, dann lagerte das jüngste Destillat zwei Jahre. Supérieur, Premier choix oder Grande sélection deuten auf vier Jahre, V.S.O.P., Réserve oder V.O. auf fünf Jahre hin. Extra, X.O. oder Napoléon dürfen sich Armagnacs nennen, deren jüngstes Destillat über fünf Jahre alt ist. Die hier genannten Namen stehen jedoch nur beispielhaft. Die Palette der möglichen Altersangaben ist erheblich breiter – und, zugegeben, ein wenig verwirrend. Übrigens: Bis zu einem Alter von fünf Jahren übernimmt der Staat die Garantie für die Korrektheit der Altersangabe. Was darüber hinausgeht, ist Vertrauenssache.
Besonders begehrt sind Geburtstags- und Jubiläumsgeschenke
In den meisten Fällen kommt Armagnac als Sorten- und Jahrgangsverschnitt in den Handel. Allerdings bieten einige Häuser auch sortenreine Brände an. Steht auf dem Etikett zum Beispiel die Bezeichnung »Bas-Armagnac«, so haben Sie ein erstklassiges Erzeugnis ohne Gebietsverschnitt erworben. Darüber hinaus können Sie unter Jahrgangs-Armagnacs wählen, die aus Grundweinen eines Jahrgangs destilliert wurden. Besonders begehrt sind diese Spirituosen als Geburtstags- und Jubiläumsgeschenke.
Armagnac als Kapitalanlage
Eigentlich hat Armagnac alles, was ihn zur Geldanlage prädestiniert: Er wird lediglich in überschaubaren Mengen gebrannt, richtet sich an einen exklusiven und zahlungskräftigen Kreis von Genießern, und er kann lange Zeit gelagert werden. Wie auch bei anderen Bränden gilt: Je älter das Destillat ist, desto höher der Preis. Allerdings weist der Armagnac einen entscheidenden Nachteil auf: Hinter ihm steht nicht die geballte Marketingkraft der großen, börsennotierten Cognac-Konzerne. Individuelle Genießer schätzen das, Investoren bedauern aber, dass diese Spirituose im Vergleich mit dem Cognac unter seinem eigentlichen Potenzial gehandelt wird. Allerdings steigt die Nachfrage nach Prestige-Armagnacs in Russland und in anderen aufstrebenden Staaten Asiens. Davon könnten Armagnac-Investoren längerfristig profitieren. Wir empfehlen Ihnen, unter spekulativen Aspekten vor allem sortenreine Brände oder Jahrgangs-Armagnacs zu kaufen.
Die Einstiegspreise
Gute Armagnacs für den puren Genuss gibt es ab etwa 25 Euro. Dafür erhalten Sie dann schon einen V.S.O.P.-Brand. Für einen günstigen X.O. zahlen Sie etwa 15 Euro mehr. Meist lohnt sich eine Preisrecherche im Internet. Manche Online-Spirituosenhändler bieten ihre Ware deutlich billiger an als der klassische Fachhandel. Allerdings sollten Sie in diesem Fall genau wissen, welchen Brand Sie kaufen möchten, denn eine fachmännische Beratung gibt es bei den Online-Händlern selten, dafür aber meist recht zutreffende Beschreibungen.
Alte Jahrgangs-Armagnacs als Kapitalanlage
Falls Sie jedoch die eine oder andere Flasche Armagnac als Kapitalanlage erstehen, diese im Spirituosenkeller lagern und in einigen Jahren mit der Chance auf Gewinn verkaufen möchten, empfehlen wir Ihnen – wie schon erwähnt – alte Jahrgangs-Armagnacs, bei denen die Einstiegspreise jedoch bereits recht hoch sind.
Die Blue Chips unter den Armagnac-Marken
Armagnac Château de Laubade: Häufig wird dieses Château mit dem Cognac-Hersteller Hennessy verglichen. Beide Brennereien gehören zu den Qualitätsführern und setzen konsequent auf hochwertige Brände im gehobenen bis höchsten Preissegment.
Baron de Sigognac: Seit Generationen produziert die Inhaber-Familie Guasch ausschließlich Bas-Armagnacs, also Brände aus der besten Lage.
Armadis: Das größte Armagnac-Haus mit Hauptsitz in Villeneuve wurde erst im Jahr 1946 gegründet. Es betreibt sechs Brennereien. Bei Kennern hoch im Kurs stehen die alten Brände, so zum Beispiel der Marquis de Puysegur X.O. oder der Extra und der Napoléon derselben Marke.
Castarède: Das im Jahr 1832 gegründete Unternehmen gilt als das älteste Armagnac-Handelshaus. Zu den Spezialitäten von Castarède gehören jedoch die begehrten Jahrgangs-Armagnacs. Das Haus dürfte über eine der umfangreichsten Sammlungen an solchen exklusiven Bränden verfügen. Die ältesten Destillate gehen auf das Jahr 1888 zurück.
Francis Darroze: Dieses bereits 1793 gegründete Armagnac-Haus darf ebenfalls zu den absoluten Qualitätsführern gezählt werden. In Kennerkreisen zählt es mit Sicherheit zu den drei Spitzen-Herstellern. Darroze bietet keine verschnittenen Brände an, sondern ausschließlich Jahrgangs-Armagnacs. Das Spektrum umfasst 45 solcher Vintage-Brände. Sie reichen teilweise zurück bis Anfang des vergangenen Jahrhunderts.
Die Haltedauer
Sie können Armagnac viele Jahrzehnte ohne Qualitätseinbußen lagern. Er wird dadurch zwar nicht besser, denn die Harmonisierung des Brandes vollzieht sich während der Lagerung im Fass, dennoch liegt es auf der Hand, dass sehr alte Armagnacs rar und entsprechend teuer sind. Lagern Sie Ihre Armagnacs lichtgeschützt und stehend.