Spielzeug - Blue Chips aus teurem Blech
Für rund 28.600 US-Dollar hatte der kauzige amerikanische Verleger Malcolm Forbes in den 1980er-Jahren ein Modell des Ozeanschiffes »Lusitania« erstanden. Zweifellos, schon damals ein stolzer Preis für ein Spielzeug. Dreißig Jahre später kam das Sammlerstück in New York unter den Hammer. Es wurde für 194.500 US-Dollar zugeschlagen. Forbes konnte sich über diese ansehnliche Rendite allerdings nicht mehr freuen, er war schon einige Jahre zuvor gestorben. Doch bis heute fällt sein Name oft, wenn Sammler über historische Schiffsmodelle fachsimpeln. Und Auktionserlöse in der genannten Größenordnung sind offenkundig keine Seltenheit. Gesuchte Schiffsmodelle in sehr gutem Erhaltungszustand könnten mitunter Preise von 200.000 Euro und mehr erreichen, weiß Christian Selzer, auf historisches Spielzeug spezialisierter Auktionator im Rheingau-Städtchen Rüdesheim.
Altes technisches Spielzeug ist besonders gefragt
Wenn aus Kinderträumen von einst Sammlerträume von heute werden, sind ansehnliche Preissprünge nahezu programmiert. Besonders gefragt: altes technisches Spielzeug wie etwa Eisenbahnen, Blechautos, Dampfmaschinen und Metallbaukästen. Die Preise für gesuchtes Spielzeug in neuwertiger Qualität und möglichst in der Originalverpackung hätten sich seit den 1990er-Jahren etwa verdoppelt, mitunter sogar verdreifacht, berichtet der passionierte Sammler Kurt Moritz aus dem österreichischen Vorarlberg. Gesucht sei alte Mechanik, im Idealfall aus der deutschen Kaiserzeit. Damals wurden die Modelleisenbahnen noch von Uhrwerken angetrieben.
In den Jahren 2000 bis 2007 sind die Preise für Blechspielzeug teilweise explodiert, bevor sie im Zeichen der Finanzkrise leicht zurückgingen und sich seither seitwärts entwickeln. »Das gilt aber nicht für absolute Superqualitäten. Dafür werden nach wie vor Wahnsinnspreise gezahlt«, sagt Christian Selzer.
Qualität und Marke sind wichtig
Bei der Preisentwicklung spielt neben der Qualität vor allem die Magie der Marke eine entscheidende Rolle. Ob Eisenbahnen, Dampfmaschinen, Schiffe oder Metallbaukästen – immer wieder fällt der Name Märklin. »Was für einen Uhrensammler eine Patek Philippe, ist für einen Sammler von antikem technischen Spielzeug ohne Frage Märklin«, erklärt der Auktionator aus Rüdesheim.
Wer an diese Marke denkt, dem kommen natürlich zunächst einmal Modelleisenbahnen in den Sinn. Für den Preis von besonders gut erhaltenen und gesuchten Exemplaren könnte man sich schon einen neuen Mittelklassewagen gönnen. Die Märklin Gotthardlok etwa wurde vor einiger Zeit für 23.500 Euro versteigert. Sehr hohe Preise erzielen Lokomotiven aus der Zeit vor 1914. »Der Markt für diese Uralt-Modelle ist faktisch leergefegt«, sagt Selzer.
Märklin mit teilweise fünfstelligen Preisen
Sammler, die in den 1970er-Jahren eine alte Märklin »Krokodil«-Lokomotive kauften, mussten damals ungefähr 3.000 D-Mark investieren. Heute ist das gute Stück – wenn überhaupt – nicht mehr unter 25.000 Euro zu bekommen. Ein seltener Postwagen von Märklin (Spur 1) wiederum wechselte auf einer Auktion erst bei 5.600 Euro den Besitzer.
Aber auch für andere Produkte aus dem 1859 von Theodor Friedrich Wilhelm Märklin in Göppingen gegründeten Traditionsunternehmen zahlen Sammler fünfstellige Preise. Gern berichtet Christian Selzer zum Beispiel von dem Minikarussell »Aeropal« von Märklin aus dem Jahr 1905. Das antike Stück aus Blech, von Hand gefertigt und farbig lackiert, wurde für 65.000 Euro verkauft.
Blechspielzeug der Nürnberger Manufaktur Gebr. Bing
Neben Märklin steht bei Sammlern Blechspielzeug der ehemaligen Nürnberger Manufaktur Gebr. Bing hoch im Kurs. Der »Zarenzug« von Bing, bestehend aus einer Lok und zwei Wagen, war einem Liebhaber schon vor knapp elf Jahren rund 100.000 D-Mark wert. Handlackierte Blechautos aus den 1920er- und 1930er-Jahren erfreuen sich ebenfalls großer Beliebtheit. Gefragt sind in erster Linie Spielzeug-Automobile der Hersteller Georges Carette, Bing, Karl Bub und Distler. Ab Mitte der 1930er-Jahre sorgte der Nürnberger Hersteller Schuco (Kurzform für den Unternehmensnamen »Schreyer & Co.«) mit seinen technisch anspruchsvollen Blechspielzeugautos für Aufsehen. Auch diese Marke gehört heute für Sammler von Blechspielzeug unbestritten zu den Blue Chips. »Bei Blechautos handelt es sich um ein sehr großes Sammelgebiet. Die Preisentwicklung ist erfahrungsgemäß volatiler als etwa bei Eisenbahnen«, berichtet Christian Selzer.
Um Geld zu verdienen, muss man übrigens nicht einmal stolzer Besitzer von gesuchtem und gut erhaltenem Blechspielzeug sein. Sogar mit original Märklin-Verpackungen in neuwertigem Zustand lassen sich heute vierstellige Preise erzielen.
Investmentkompass
Qualität zählt
Die Sammlerstücke sollten möglichst neuwertig sein, zumindest keine erheblichen Gebrauchsspuren aufweisen. Ist die Originalverpackung noch vorhanden, wirkt sich dies in der Regel preissteigernd aus. Besonders gefragt ist Blechspielzeug der Marken Märklin, Bing, Carette, Bub, Distler und Karl Arnold (Modelleisenbahnen der Spurweite N).
Vorsicht bei Repliken und Fälschungen
Für den Sammler sind Repliken, also die originalgetreue Nachauflage alter Spielzeugmodelle, kaum interessant. Es sei denn, es handelt sich um streng limitierte Editionen. Vorsicht Fälscher: Nur bei renommierten Anbietern und in spezialisierten Auktionshäusern kaufen.
Erst informieren, dann investieren
Für Einsteiger ist es empfehlenswert, zunächst den Markt zu verfolgen (Auktionsergebnisse vergleichen, mit erfahrenen Sammlern sprechen). Interessante Museen: Historisches Spielzeugmuseum im pfälzischen Freinsheim, Selzer-Toy-Museum in Rüdesheim/Rhein. Lesestoff: Sammlermagazin »Alters Spielzeug«, Bücher: Kolls Kompakt Katalog (Märklin Liebhaberpreise), Wertanlage Märklin.